Es gibt viele Gründe (Nachfolgerproblematik, Altersweisheit ?, Veränderungen im geschäftlichen Umfeld), warum Unternehmer sich von ihrem Unternehmen trennen. Häufig werden die wirtschaftlichen und rechtlichen Herausforderungen für die Vorbereitung und den Verkauf des Unternehmens intensiv bearbeitet. Doch wie sieht es mit dem emotionalen Faktor aus? Wie fühlt es sich an, wenn die Firma auf einmal „weg“ ist? Von Fall zu Fall sehr verschieden und doch gibt es Gemeinsamkeiten, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuschauen:
Sicherheit: Wer erfolgreich und klug gewirtschaftet hat, dem gelingt zwar häufig ein hinreichend großes Vermögenspolster für die Zeit „danach“ – und dennoch kann es eine erstaunliche Herausforderung sein, das Programm von Vermögensaufbau auf Vermögenserhalt umzustellen.
Auch andere emotionale Aspekte sollten Sie sich am besten schon weit im Vorfeld eines etwaigen Unternehmenskaufs ansehen. Wir haben hierzu Fragestellungen formuliert, um auf etwaige Fallstricke zu verweisen:
Verlust der Identität: Die meisten Unternehmer lieben ihren Beruf und identifizieren sich stark mit ihrem Unternehmen. Beruf und Berufung verschmelzen nicht selten ineinander, weshalb frühzeitig nach einer alternativen Sinngestaltung gesucht werden sollte. Eine Empty Desk Situation führt schnell zu Antriebs- und Ziellosigkeit. Was konkret planen Sie für den neu gewonnenen Faktor Zeit? Mit welchen Inhalten wollen Sie sich beschäftigen? Was macht Sie glücklich? Sinnvoll ist es, eine Liste zu erstellen – nicht nach dem Motto „To do“, sondern „To want“. Also halten Sie gerne Ihre Vorstellungen und Wünsche schriftlich fest.
Emotionale Bindungen: Unternehmer haben oft enge Beziehungen zu ihren Mitarbeitern und Kunden. Der Gedanke, diese Beziehungen zu verlieren oder zu verändern, kann belastend sein. Nicht wenige Unternehmer fühlen sich mitunter schuldig, ihre Firma zu verkaufen. Wie gehen Sie mit unangenehmen Gefühlen um? Es ist hilfreich, bereits im Vorfeld des Verkaufs eine profunde und transparente Kommunikationsstrategie gegenüber Ihren Stakeholdern aufzubauen. Wann erfährt wer was? Schuldgefühle entstehen häufig durch eine übermäßige Verantwortungsübernahme des Unternehmers. Lassen Sie sich unterstützen bei der Frage: Wie gelingt es mir, in meinem nächsten Lebensabschnitt Verantwortung abzugeben?
Kontrollverlust: Nach dem Verkauf haben Unternehmer oft das Gefühl, die Kontrolle über etwas zu verlieren, das sie aufgebaut haben. Vor allem kann es für diejenigen schwierig werden, die weiter im Unternehmen tätig bleiben. Gelingt es Ihnen, die anderen machen zu lassen? Wie wird es sich für Sie anfühlen, wenn die Nachfolger nicht nur anders, sondern vielleicht auch besser agieren? Wie kann es Ihnen gelingen loszulassen? Wenn Sie im Unternehmen verbleiben, bieten sich beratenden bzw. kontrollierende Gremien an wie der Beirat oder auch Aufsichtsrat. Die Inhalte und Funktionen der Gremien sollten im Vorfeld mit der Unternehmensführung genau abgestimmt werden – was für eine Chance, die Rolle des „older statesman“ zu übernehmen, während andere täglich operativ tätig sind.
Bedeutungsverlust: Gesellschaftliche Anerkennung und Bedeutung sind weniger der Person als dem Amt geschuldet. Wie können Sie mit dem gesellschaftlichen Bedeutungsverlust umgehen, der mit dem Verlust von Amt und Würden quasi automatisch einhergeht? Wer bin ich ohne …? Wenn Sie sich mit Ihren eigenen Qualitäten und Fähigkeiten auseinandersetzen (auch hier unterstützen Sie das Gespräch mit einem Dritten und die bekannte Liste …), werden Sie viele Möglichkeiten entdecken, die Ihnen andere Ämter bieten können. Neben den beschriebenen Beirats- und Aufsichtsratspositionen gibt es NGOs, Start- ups und viele andere Unternehmensformen, die auf Ihre Können und Sie warten.
Es ist aus unserer Sicht wichtig, diesen kritischen Fragen im Verkaufsprozess Raum zu geben und mit professioneller Unterstützung Antworten zu erarbeiten. Diese wunderbare Chance der finanziellen und beruflichen Freiheit sollte nicht in einer persönlichen Krise enden.
In den Worten von Michael Bordt: „Eine Neuorientierung ist vielleicht nicht immer ganz einfach, aber es gibt nichts im Leben, für das es sich so einzusetzen und zu leben lohnt. Immerhin geht es um unser Lebensglück. Und, wie man so schön sagt, wir haben nur dieses eine Leben. Machen wir also was daraus!“
Herzlicher Gruß von Alexa Haeusgen und Amelie Abt